Leitlinien der Gewerbeflächenentwicklung

Handlungsansätze und Perspektiven für die Gewerbeflächenentwicklung der Region Hannover

Grundbedarf für die Eigenentwicklung in allen Kommunen

Um den örtlichen Bedarf für Erweiterungen und Umsiedlungen flexibel bedienen zu können, sollte in allen Kommunen ein Grundstock verfügbarer Gewerbeflächen mit rechtskräftigem B-Plan vorhanden sein, der für mindestens fünf Jahre ausreicht. Als wesentliche Zielgruppen bzw. Standorttypen sind hier Handwerk und (nicht störendes) Gewerbe sowie Industrie und Produktion zu sehen. 

Regional bedeutsame Flächenangebote für die Arbeitsstättenschwerpunkte

Ein erhöhter Flächenbedarf besteht für die Kommunen mit Arbeitsstättenschwerpunkten des Regionalen Raumordnungs-programms (RROP), weil diese nicht nur den kommunalen Eigenbedarf bedienen müssen, sondern auch für Verlagerungen innerhalb der Region sowie überregionale Ansiedlungen attraktiv sind. Arbeitsstättenschwerpunkte befinden sich in den Mittelzentren Barsinghausen, Burgdorf, Burgwedel, Garbsen, Laatzen, Langenhagen, Lehrte, Neustadt, Springe und Wunstorf, außerdem in Isernhagen/Kirchhorst, Wedemark/Berkhof, Wedemark/Gailhof sowie im Oberzentrum Landeshauptstadt Hannover.

Schwerpunktstandorte für die überregionale Vermarktung

Für größere überregionale Ansiedlungen werden – zusätzlich zu Flächen für den kommunalen Eigenbedarf und Erweiterungs- sowie Umsiedlungsbedarf an den Arbeitsstättenschwerpunkten – insbesondere autobahnnah gelegene Standorte benötigt, die bspw. einen Drei-Schicht-Betrieb bzw. nächtlichen LKW-Um-schlag zulassen. Dies betrifft in erster Linie die Standorttypen Industrie/Produktion sowie Logistik.

Im Logistikflächenkonzept der Region hat die Region Hannover bereits im Jahr 2012 Standards für sogenannte Schwerpunkt-standorte und Ergänzungsstandorte für große Logistikan-siedlungen definiert. Von den im Logistikflächenkonzept genannten Schwerpunktstandorten sind am Standort Barsinghausen/Groß Munzel bereits alle Flächen veräußert worden (u. a. Komponentenwerk E-Mobilität für VW), am Standort Wunstorf-Süd/Trimodalstandort sind große Areale inzwischen ebenfalls vermarktet (u. a. HAVI und Rudolph Logistik).

Dies betrifft auch die meisten Ergänzungsstandorte wie Burgwedel/Großburgwedel (Ansiedlung Fiege, Erweiterung Rossmann), Garbsen-West (Amazon), Laatzen (Krauss Maffei), Lehrte/Aligse (Lebensmittel-Logistikzentrum ALDI) und Wedemark/Berkhof (REWE-Logistik). Deshalb können Ansiedlungen für großbetriebliches Gewerbe und Logistik derzeit nicht adäquat bedient werden.

Zukunftsstandorte für wissensorientiertes Gewerbe, urbane Produktion und Dienstleistungen

Die Transformation der Wirtschaft in Richtung Digitalisierung, der Wandel der Arbeitswelt sowie Klima- und Ressourcenschutz stellen neue Herausforderungen an die Gewerbeflächenentwicklung und die städtebauliche Gestaltung der Standorte:

  • Büroflächen und Dienstleistungen verdrängen bzw. ergänzen vor allem innerstädtische Produktionsflächen. Bestands-objekte werden zunehmend häufiger auch an Gründungsunternehmen und Co-Working-Spaces vermietet.
  • Chancen ergeben sich für emissionsärmere Produktions-betriebe in integrierten urbanen Lagen mit benachbarten Büro- und Wohnlagen.
  • ÖPNV-Anbindung und Nahversorgung gewinnen als Standortfaktoren an Bedeutung.

Geeignete Standorte für emissionsarme Gewerbe neuen Typs befinden sich an den Schnittstellen zwischen Forschungs-einrichtungen und Bürostandorten (bspw. Technologiepark am Campus Maschinenbau Garbsen, Hannover/Wissenschaftspark Marienwerder Science Area 30X, Roderbruch/Medical Park, Hannover/Tierärztliche Hochschule)

sowie an Büro- und Dienstleistungsstandorten (Bemerode/Stockholmer Straße, Expo-Park) oder in Mischgebieten (z. B. Hannover-Nordstadt/Hafven, Hannover/Hanomag-Gelände).

Das gegenwärtige Flächenangebot von 6 ha an den vier Standorten in Garbsen und Hannover (Technologiepark am Campus Maschinenbau Garbsen, Hannover/Wissenschaftspark Marienwerder Science Area 30X, Pascalstraße und Bemerode/Stockholmer Straße) ist nicht ausreichend.

Einerseits ist es unerlässlich, im überregionalen Standort-wettbewerb um große Neuansiedlungen von Forschungs-einrichtungen entsprechende Standorte anbieten zu können, andererseits werden auch kleinteiligere Flächenangebote für Mietimmobilien etwa für Kreativwirtschaft, Start-ups, Laborflächen oder Co-Working benötigt (Bsp. Hafven, Hanomag-Gelände). Zusätzliche Standorte sollten über eine städtebaulich integrierte Lage mit sehr guter ÖPNV-Anbindung und Nahversorgung verfügen.

Innenentwicklungsareale (z. B. Brachen, Bestandsgewerbe-gebiete) eignen sich hierfür möglicherweise eher als „greenfield“-Areale. Neben der Stadt Hannover kommen als Standorte etwa Laatzen, Langenhagen und Garbsen, ggf. auch Isernhagen/Altwarmbüchen und Hemmingen-Westerfeld/Devese in Betracht.

Innenentwicklung und Transformation im Gewerbebestand

Nicht nur die Landeshauptstadt Hannover, sondern auch eine Reihe von Umlandkommunen verfügen über ältere Industrie- und Gewerbegebiete, in denen sich die Standort- und Erschließungsansprüche gewandelt haben: Büronutzungen und Dienstleistungen verdrängen Produktion und Industrie, kleine Parzellierungen von KMU ersetzen große Industrieareale, Güter werden mit LKW und PKW statt mit Binnenschiff und Güterzug transportiert.

Diese Bestandsgewerbe-gebiete sind häufig durch Leerstände, Brachen, nicht adäquate Nutzungen (z. B. Schrotthandel, Autovermietungen, Vergnügungsstätten) sowie einsickernden Einzelhandel geprägt. Sie eröffnen die Möglichkeit, nicht störendes Gewerbe, Dienstleistungen und Nahversorgungseinrichtungen bzw. Mischnutzungen im Innenbereich anzusiedeln und so den Freiflächenverbrauch durch Neuausweisungen teilweise zu kompensieren. Dies eröffnet einerseits ansässigen Produktionsbetrieben die Möglichkeit der Arrondierung am vorhandenen Standort, andererseits die Chance der Transformation kompletter Quartiere in traditionellen Industrie- und Gewerbegebieten durch Maßnahmen des Immissionsschutzes, der Neuerschließung und Überplanung.

Zugleich besteht vor dem Hintergrund der Klimawende die Notwendigkeit, die Biodiversität auf den öffentlichen wie privaten Flächen in den Bestandsquartieren stärker in den Fokus zu rücken bzw. die dort ansässigen Betriebe bei der Transformation zu nachhaltigem und klimaneutralem Wirtschaften (Green Economy) zu unterstützen. Dies betrifft sowohl Maßnahmen auf Frei- bzw. Verkehrsflächen (wie insektenfreundliche Begrünung, Entsiegelung, Regenwasserversickerung) als auch auf oder an Betriebsimmobilien (z. B. Dämmung, Photovoltaik, Dach- und Fassadenbegrünung oder in der Produktion vor allem Energie-, Material- und Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft).

Exemplarische Innenentwicklungsareale liegen in der Landeshauptstadt Hannover in Leinhausen/Entenfangweg, Lister Damm/Am Listholze sowie im Lindener Hafen, im Umland in Hemmingen/Westerfeld, Isernhagen/Altwarmbüchen, Isernhagen/HB, Lehrte/Burchardt-Retschy-Ring und Wennigsen.

Revitalisierung von Brachen für Erfolg versprechende Nutzungskonzepte

Die Revitalisierung potenziell gewerblich wiedernutzbarer Gewerbebrachen ist eine Sonderform der Innenentwicklung. Es ist sinnvoll, bei der Revitalisierung künftig stärker das gesamte Quartier in den Fokus zu nehmen und einen integrierten Ansatz zu verfolgen, der zunächst konzeptionell die Risiken und Chancen einer Wiedernutzung auslotet und daran anschließend maßgeschneiderte investive Maßnahmen der Umsetzung (z. B. Zwischenerwerb, Abbruch, Sanierung) fördert (vgl. REGIP-Förderprogramm der Region Hannover).

Entsprechende Konzept- und Planungsstudien für städte-bauliche Konzepte wurden von der Region Hannover für die Zuckerfabrik Ronnenberg/Weetzen, das ehemalige Hütten-gelände in Neustadt sowie das VION-Gelände in Wunstorf gefördert und befinden sich in der Umsetzung. Allerdings hat sich aufgrund der zunehmenden Verknappung des Gewerbe-flächenangebots auch die Anzahl bzw. das Flächenpotenzial der Brachen stark verringert, weil weniger problematische Objekte durch Überplanung bzw. steigende Bodenpreise über den freien Immobilienmarkt neuen (gewerblichen) Nutzungen zugeführt werden. Verbleibende Brachen wie bspw. Deurag-Nerag in Hannover-Misburg zeichnen sich durch besonders hohe Nutzungsrestriktionen aus.

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